Gleichzeitig feiern wird aber auch die 25jährige Eingemeindung nach Sonnefeld. Als Mitte der 60er Jahre die Gebietsreform in unserem Lande begann, glaubte noch niemand, daß Gestungshausen - eine Ort mittlerer Größe - seine Selbständigkeit aufgeben müßte. Wir waren doch nicht der kleinste Ort von insgesamt 126 im Landkreis und von den Steuereinnahmen her, standen wir auch im Vergleich zu vielen anderen Orten gut. Obwohl Altlandrat, Dr. Groebe, mit den Coburger Bürgermeistern des Steinachtals mehrere Sitzungen schon Mitte der 60er Jahre und auch noch im Jahr 1971 abgehalten hat, mit dem Ziel, eine Einheitsgemeinde zu schaffen und sich sehr darum bemühte, wurde es nicht ernst genommen. Das Übergewicht von der Einwohnerzahl her lag mit 2.894 Einwohnern auf dem Coburger Gebiet, während Mitwitz, aus dem Kronacher Raum nur über 2.163 Einwohner verfügt. Im Frühjahr 1971 versuchte Dr. Groebe nochmals, mit den coburgischen Bürgermeistern des Steinachtals und allen Gemeinderäten einen Zusammenschluß zu erzielen. Dieser letzte Versuch fand
im Feuerwehrheim in Wörlsdorf statt. Alle waren für diesen Zusammenschluß und er wurde auch mit Sekt begossen. Der offizielle Beschluß sollte von jeder Gemeinde in den nächsten Wochen erfolgen. Durch die negativen Beschlüsse einiger Gemeinden fiel dann alles wieder ins Wasser.
Im Juni 1971 fand eine Bürgerabstimmung im Steinachtal statt. 93 % sprachen sich dafür aus, beim Landkreis Coburg zu bleiben. Nachdem feststand, daß zwei Gemeinden sich für Mitwitz entschieden haben, forderte unser Gemeinderat, daß Fühlung mit Sonnefeld aufgenommen werden sollte. Im Juni 1971 führte ich mit Bürgermeister Engelhardt und dessen Stellvertreter Alfred Ernst in Sonnefeld erste Gespräche. Ende Oktober 1971 befaßte sich der Gemeinderat von
Gestungshausen erneut mit dem Gedanken eines Anschlusses an Sonnefeld. Man vertrat die Meinung der Angliederung an die große Industriegemeinde den Vorrang zu geben, ohne aber überstürzt zu handeln. Ein maßgebender Punkt, den Anschluß noch etwas hinauszuschieben war die Absicht der Gemeinde, im
nächsten Jahr die 850-Jahr-Feier von Gestungshausen durchzuführen. Ein derartiges Jubiläum kann aber nur von einer selbständigen Kommune durchgeführt werden. Auch die Forderungen Gestungshausens, für den Fall eines Anschlusses, wurden in dieser Sitzung beraten.
Erste Voraussetzung sei die Beibehaltung der vier Grundschulklassen in Gestungshausen, u.a. waren weitere Punkte: die Nutzung der Gemeindekanzlei, die Weiterbeschäftigung der Gemeindebediensteten, der Satz der zukünftigen Straßenanliegergebühr, die anlaufende Flurbereinigung, ein neues Sportplatzgelände und vieles mehr.
Der Gemeinderat Sonnefeld reagierte auf diese Beschlüsse sauer. Man stellte fest, daß sich die "Gestungshäuser-Braut" vor ihrer wichtigen Entscheidung reichlich ziere. Sonnefeld sei auch ein Gegner von umfangreichen Wunschlisten, habe demgegenüber aber alle seine Ortsteile bisher bei allen Wünschen jedoch nicht enttäuscht. Es ging aber auch um wesentliche staatliche Zuschüsse, die nach dem 1.1.1972 nicht mehr gegeben werden. Diese sollen aber im Falle eines
Anschlusses, ungekürzt den sich anschließenden Ortsteilen zugute kommen. In der Gemeinderatssitzung Anfang November in Gestungshausen, waren bereits Amtsrat Könner vom Landratsamt und Bürgermeister Engelhardt anwesend. Hier wurden echte Fortschritte im Hinblick auf einen Zusammenschluß zum 1.1.1972 erreicht. Bürgermeister Engelhardt nahm Stellung zu den Wünschen der Gestungshäuser. Der Gemeinderat faßte einen einstimmigen Beschluß mit 8:0 Stimmen für den Anschluß an Sonnefeld. Ein Bürgerentscheid wurde für den 14. November 1971 zwischen 9.oo und 15.oo Uhr in der Gaststätte "Dötschel" anberaumt.
In einer Bürgerversammlung, einige Tage später, wurden durch Bürgermeister Heinz Bär noch einmal die Gründe für den geplanten Anschluß an Sonnefeld erörtert. Der Wunsch beim Landkreis Coburg zu bleiben und die Abtrennung einiger Gemeinden zu Gunsten des Landkreises Kronach, haben schließlich den Ausschlag gegeben. Nicht zu verachten sei weiter die Tatsache, daß sich in
Gestungshausen die Grundsteuer A und B von 250 auf 170 % verringere und die Gewerbesteuer von 280 auf 250 %. Bei einem Anschluß bis Jahresende würden die zusätzlichen Schlüsselzuweisungen von 138.000 DM ausschließlich den Gestungshäuser Bürgern zugute kommen. In der Abstimmung von 14.11.1971 entschieden sich die 898 Einwohner von Gestungshausen mit 371 zu 69 Stimmen für einen Anschluß an Sonnefeld. Das waren rund 85 %.
Die Regierung von Oberfranken erklärte noch am 23.12.1971 die Gemeinde Gestungshausen mit den Ortsteilen Weickenbach und Firmelsdorf mit Wirkung vom 01.01.1972 als in die Gemeinde Sonnefeld eingegliedert. Die Verabschiedung des bisherigen Bürgermeisters Heinz Bär und der Gemeinderäte fand im Rahmen einer Bürgerversammlung am 19. Mai 1972 in Gestungshausen statt. Dabei
wurde Heinz Bär als Dank für seine geleistete Arbeit der Sonnefelder Golddukaten überreicht. Die bisherigen Gemeinderäte erhielten Ehrengeschenke: 2. Bürgermeister Rudolf Lauterbach und die Gemeinderäte Emil Engel, Robert Pechtold und Herbert Fugmann, Karl Gebert, Hugo Höhn, Fritz
Gärtner und Gerhard Wollny.
Das vom Gestungshäuser Gemeinderat im Sommer 1971 bestellte neue Löschfahrzeug LF 8 konnte wegen Lieferschwierigkeiten 1971 nicht mehr ausgeliefert werden.
Die Selbständigkeit aufzugeben, war wohl der schwierigste und schwerwiegendste Beschluß für mich und meinen Gemeinderat. Wenn wir auf die 25 Jahre bei Sonnefeld zurückblicken, müssen wir sagen, daß dieser Entschluß richtig gewesen ist. Natürlich bestimmt der Gemeinderat Sonnefeld über uns, aber die Dorfgemeinschaft ist erhalten geblieben. In den 25 Jahren sind auch viele Baumaßnahmen durchgeführt worden. Die Bürgersteige wurden geteert, eine Reihe von Straßenbaumaßnahmen wurden durchgeführt, Baugelände für Wohnbau und Gewerbe wurde erschlossen. Die neue Sporthalle wurde von der Gemeinde gut bezuschußt. Alle Vereine werden unterstützt. Es hat sich doch einiges getan und es wird immer das Notwendige gemacht werden. Auch wenn wir Sonnefelder sind, werden wir immer Gestungshäuser bleiben.
Heinz Bär, Altbürgermeister