Vom Gericht Gestungshausen
Ab wann es in Gestungshausen ein Gericht gab, läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Denn zur Zeit der Ortsgründung war der Ortsadel die höchste Instanz. Manche Ortsadelige waren ermächtigt Gerichte zu halten. Ob unser Ortsadeliges Geschlecht derer von Gestingshusen (Geisenhusen) diese Privileg besaß, läßt sich nicht mehr feststellen. Fest steht jedoch, daß das Gericht Gestingshusen mit eines der ältesten in unserer Gegend war.
Neben dem Gericht hier, bestanden mit Sicherheit solche in Lauter, Strauf- und Fechheim. Das Gericht von Lauter bestand schon im 9. Jh.. Alle waren Landgerichte. Im Jahr 1260 wird Gestungshausen als eine bambergische Gerichtsstätte aufgeführt. Sie wurde aber später mit der Herrschaft Coburg verbunden. Die Gerichtsbarkeit übertrug der Grundherr bis zu einem gewissen Grad, dem Vogt. Der erste Vogt von Gestungshausen war Graf Sterker, der im Auftrag des Grundherrn Gericht hielt. Grundherr war der Bischof von Bamberg, bzw. das Michelsberger Kloster. Es steht außer Zweifel, daß die Herren von Wildberg die richterliche Gewalt ausübten. Nach Pfarrer Grodel gab es Gerichte in Gestungshausen und Hassenberg. Diese entschieden sogar über Leben und Tod.
Welche Rechte Graf Sterker als Vogt bei uns hatte, ist leider nicht überliefert. Es heißt in der Urkunde von 1122: "Bamberg kauft die Predia von Gestingshusen von den Wildbergs. Lediglich Graf Sterker, welcher sie persönlich und nicht durch Untervogte verwaltet, nur einmal im Jahr zwischen St. Michaelis und Martini mit dem Kolonen ein Plazitum abhalten soll, nur in den Dingen, welche zum gesetzmäßigen Rechte der Vogtei gehören." Dagegen ist dort aufgeführt, welchen Lohn er für seine Dienste verlangen kann. 1122 ist also Gestungshausen eine bambergische Gerichtstätte. Wer die Nachfolger des Vogtes Sterker waren, ist nicht bekannt.
Bemerkung: Plazitum = Gerichtstag; Kolone = Siedler, Untertanen, Ansässige
Im Jahre 1260 wird Gestungshausen als eine eigene coburgische Zehnt aufgeführt. Zunächst wurde es als bambergische Gerichtsstätte bezeichnet, wurde aber nachher (1260) mit der Herrschaft Coburgs verbunden. Die Grafen von Henneberg nahmen verschiedene Änderungen vor. So kam z.B. Sonnefeld weg vom Landgericht Fechheim, das war im Jahre 1540. Wie bereits angedeutet, ordneten die Henneberger das Gerichtswesen neu, nachdem sie am Anfang des 14. Jh. die coburgischen Gebiete wieder mit Henneberg vereinigt hatten. Die neue Gerichtsverfassung erhielt eine neue Richtung. Graf Berthold von Henneberg ordnete die 1314 erworbenen Gebiete (Coburgische Lande) neu. Der Einfluß fremder Gerichte mußte entfernt werden, nachdem sich Unsitten in den verworrenen Zeiten eingeschlichen hatten. Durch ein Privilegium hatten die Grafen das Recht erhalten, daß Rechtswesen alleine zu ordnen. Im Gebiet von Thüringer Wald bis Schweinfurt gab es 14 Zehnten, darunter auch eine zu Gestungshausen. Die Zehnt Gestungshausen bestand nach wie vor weiter auch unter der Herrschaft der Kurfürsten und Herzöge.
1593 war das Gericht Gestungshausen noch selbstständig, denn am 13. November wurde Hansen Vogel der allhier einkommen und gehängt worden. Geschehen am 13. November anno 1593. Der Galgen dazu stand an der ehemaligen Bundesstraße 303 - Richtung Weischau - gegenüber dem Dueblsteich. Das Gericht zu Gestungshausen bestand bis zum Jahr 1826, dann wurde es aufgelöst und mit der Gerichtsbarkeit Sonnefeld vereinigt. Gestungshausen war also (ab Sterker gerechnet, sicherlich war es dies schon früher unter den Wildbergs) mindest 705 Jahre eine Gerichtstätte. Die höhere Gerichtsbarkeit nannte man das Hof- und Halsgericht. Während die sogenannten Hofgerichte leichtere Strafvergehen gehandelten, wurden beim Halsgericht die schweren Fälle auf die schrecklichste Weise geahntet. Bei Raub oder Mord, Diebstahl oder Grenzverletzung, Brandstiftung und Münzfälschung wurde je nach Härtefall das Urteil gefällt, wie z.B. Hand abschlagen, Ohren abschneiden, Augen ausstechen, bis zum Tod am Galgen, Rädern oder durch das Schwert. Einen Sittlichkeitsverbrecher stand eine besonders grausige Strafe bevor. Ihm wurde der Kopf mit einem Brett abgeschlagen.
Im Jahre 1583 wurde auf Anordnung des Bischofs ein diebischer Forstknecht in Gestungshausen gefangen und in Lichtenfels durch Abhauens zweier Finger bestraft. Durch zuviele hier herrschenden Adelsgeschlechter wurde unser Raum hier sehr oft zerrissen und durch Kauf und Erbverträge verändert. Weickenbach zum Beispiel wurde mit seinen acht Höfen geteilt. Diesseits des Bachlaufes gehörten vier Höfe zum Gericht Gestungshausen, die anderen vier Höfe zum Gericht Fechheim.
Übersicht: Gericht Gestungshausen
Zeit Grund- und Landesherr Inhaber des Gerichts
um 1000 von Wildberg Wildbergs, als Vögte vielleicht die Geisenhusen, Gestingshusen
ab 1122 Bistum, Kloster Michelsberg, Bamberg Graf Sterker von Geisenhusen? Gestingshusen? (1225 erstmalig genannt!)
predia Gestineshusen Bamberger Gericht (ging später an Coburg über)
ab 1260 Coburgische CentLandesherr und Ortsgericht
ab 1314 Hennebergische CentLandesherr und Ortsgericht
ab 1485 Sächsisches GerichtLandesherr und Ortsgericht
ab 1525 Coburgisches Gericht und Ortsgericht
1826 Coburg Das Gericht Gestungshausen wird aufgelöst und die Gerichtsbarkeit mit Sonnefelds vereinigt.
1927Das Amt Sonnefeld wird aufgelöst.
ab 1927 Der gesamte Landkreis gehört zum Amtsgericht Coburg.
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